Leider mussten wir uns bei der Ankunft in Sucre gleich mal von meinem Superduper-MP3-Player verabschieden, den ich wohl dummerweise im Bus habe liegen lassen. Da muss man nicht in einem der ärmsten Länder der Welt sein, um ihn nicht wiederzubekommen! War auch trotz intensiver Nachforschungen nix mehr zu machen (ja, ja…hätte schlimmer sein können: der Pass, das Geld oder die Kamera, aber seitdem müssen Thomas und ich uns immer drum kloppen, wer am Laptop Solitär spielen darf).
Im Reiseführer wird Sucre auch „Ciudad blanca“ genannt, also die weiße Stadt, weil die Häuser noch ganz im Kolonialstil eben weiß angepinselt sind. Was dort nicht erwähnt wird, ist, dass man auf jeden Fall in den Markt gehen muss, um einen der fantastischen Fruchtsalate dort zu essen oder wahlweise auch ein „Choripan“, ein Weckle mit einer für diese Stadt typischen, köstlichen Chorizo-Wurst.
Ein wenig makaber erscheint der Hinweis, doch den Cementerio (Friedhof) zu besuchen. Dort haben in einem parkähnlichen Ambiente die Reichen und Schönen unglaublich prächtige Familiengruften. Drumrum sind die 4-5 stöckigen Urnennischen, die z.T. sehr liebevoll mit Fotos und Nippes ausgeschmückt sind. So wurden in einem noch zwei Miniaturbier-flaschen für die letzte Ruhe reingestellt. Die Atmosphäre war auch nicht so getragen wie in Deutschland.
Mit einer kurvigen Busfahrt von 3 Stunden durch karges, hügeliges Hochland erreicht man Potosi, eine Minenstadt. Der ehemals wohl 5200m hohe, inzwischen auf 4800m abgesackte Cerro Rico (reicher Berg) wird seit 450 Jahren auf der Suche nach Silber und inzwischen v.a. Zink wie ein Schweizer Käse durchlöchert. Es arbeiten immer noch über 10.000 Bergleute drin!
Mit einer Tour zu sechst durften wir diese aktive Mine besichtigen. Auf dem Minersmarket (der Markt für Minenarbeiter-Bedarf) deckt man sich noch mit Mitbringseln für die Arbeiter ein: beutelweise Kokablätter, darauf kauen die den ganzen Tag rum; Saftflaschen gegen den Durst und die staubige Luft in den Minen; oder auch Dynamitstangen mit Zündschnur, alles ohne Probleme erhältlich. Klar darf die Besichtigung der Aufarbeitung der Erze nicht fehlen, über Umweltprobleme durch den/die massive/n Wasserbedarf/verseuchung wird nur ausweichend geredet.
Und dann gings für über 2 Stunden unter Tage, einmal den Berg durchqueren. Für mindestens ein Mädel aus der Tour nicht ganz unproblematisch. Und das obwohl wir gar nicht in die unteren, deutlich heißeren Gänge runter sind und sehr zu Thomas Leidwesen auch an keinem Presslufthammer und seinem ohrenbetäubenden Getöse vorbeigekommen sind. Die Luft ist aber ekelig staubig und riecht irgendwie chemisch. Kein Wunder, wenn an den Gängen die ganzen Kupfersulfat- und Schwefelablagerungen zwar farblich wunderschön aussehen, aber für fiese Ausdünstungen aus dem Gestein sprechen.
Beim Besuch vom „Tio“, dem Gott der Bergleute, durften wir das Fürbitte-Ritual nachvollziehen, bei dem mit 96%igem Alkohol (auf der Flasche steht tatsächlich „buen gusto“ -schmeckt lecker) auf reiche Ausbeute angestoßen wird. Das übergroße Gemächt der Tonfigur spricht für die Machowelt da unten, in der keine Frauen erlaubt sind und sich die Arbeiter gegenseitig nur mit zotigen Schimpfnamen anreden. Aber unsere Tour begleiteten zwei Kinder, die schulfrei hatten. Das Mädel kaute auch eifrig Kokablätter und war die ganze Zeit dabei, die an den Wänden auskristallisierten Nadeln abzubröseln. Nicht die gesündeste Umgebung für Kinder!
Sonst gibt’s in der ehemals reichsten Stadt der Welt auf 4000m nicht viel zu tun. Abends werden Stände aufgebaut, die für etwa 50 Euro Cent leckere Burger mit Pommes verkaufen, das hiesige Bier „Potosiña“ ist aber ungenießbar.