Nach einer etwas holprigen Anreise mit einer für uns überraschenden Fährverbindung über die Bucht Baía de Todos os Santos (unser Reiseführer von 2012 scheint etwas veraltete Infos zu haben) und einem wenig hilfreichen Taxifahrer hatten wir uns mit Hilfe der Touri-Info steil bergauf und bergab durch das Pelourinho zum Hostel gequält und wurden instruiert, welche Bereiche der Altstadt für Touris ohne große Gefahr begehbar sind. Die gesamte Innenstadt war mit tausenden, bunten Wimpelchen in den Gassen geschmückt und in diversen Hinterhöfen wurde Livemusik gespielt. Einerseits wird im Bundesstaat Bahia den ganzen Juni lang São João gefeiert und außerdem stand der Confederations Cup an. Am Tag drauf gab's am Praça da Pelourinho ein Public Viewing des Eröffnungsspiels Brasilien gegen Japan und die Trommelgruppe 'Olodum', die aus dem Michael Jackson Video zu „They don't care about us“ bekannt ist, heizte die Superstimmung noch an. Wir genossen das Spektakel und erfuhren erst hinterher, dass von Besuchen von Auftritten von 'Olodum' abgeraten wird, da diese die Leute aus den Favelas anziehen und die Gefahr in eine Schlägerei zu geraten oder beklaut zu werden sehr hoch ist. War auch viel Militär-Polizei-Präsenz und im Hostel erzählte einer, von einem Typ mit Machete überfallen worden zu sein. Wohl derselbe, der später am Abend den Mädels hinter uns versuchte die Handtasche weg zu reißen, wegen ihrem Gekreische aber das Weite suchte. Wir blieben unbehelligt, vielleicht auch, weil wir abends wirklich ohne Uhren und Kamera los zogen. Aber das ständige Auf- der-Hut-sein müssen und der Regen, der pünktlich abends einsetzte, wenn wir los ziehen wollten um einen Caipi zu schlürfen oder morgens nicht aufhören wollte, nervte.
Mit dem Bus ging's dann nach Lençois, einem kleinen Ort in der Nähe der Bergkette der Chapada Diamantina. Dort war man schon mitten in den Vorbereitungen des hier sehr traditionell gefeierten Erntedank-Festes São João: jeden Tag wurde eine weitere Ecke des Dorfes mit Wimpeln geschmückt und Gruppen probten ihren Auftritt für die Quadrilha Junino, eine Tanzformation in (ländlichen) Kostümen mit Ansager ähnlich wie beim Squaredance. Und um die Forró-Musik (Foho, Betonung auf der letzten Silbe) kommt man nicht drumrum: schnelle Akkordeonläufe, stetiges Tingeln der Triangel und 'ne Rhythmustrommel. Bei den Band-Auftritten auf der Bühne sind immer noch Tänzerpaare dabei, die eine kleine Show vorführen und im Publikum finden sich schnell Paare unterschiedlichsten Alters, die sich im für uns ungewohnten flotten Wiegeschritt mehr oder weniger nah aneinander geschmiegt bewegen. Die Kinder dürfen dafür böllern ohne Ende, ein paar von den Krachern haben soviel Kawumm wie die heftigsten illegalen Sylvesterkracher bei uns. Am eigentlichen São João Fest, dem 24. Juni werden abends auf den Straßen Lagerfeuer entzündet, um die sich die Familien sammeln. Sehr nett.
Mal abgesehen von dem tagelangen Fest ist die Landschaft um Lençois drumrum auch wirklich einen Besuch wert.Vom Ort aus kann man einige Spaziergänge zu Wasserlöchern und Wasserfällen machen, Baden oder sogar eine natürliche Wasserrutsche am Riberão do Meio runterrutschen. Außerdem nahmen wir an einer Tagestour teil, die zu Höhlen, Grotten und Felsformationen in der Umgebung geht. Das abschließende Bad hinter dem Wasserfall am Poço de Diabo war die Krönung des ganzen Tages und entschädigte für das Geholper auf den unbefestigten Straßen zwischen den einzelnen Stationen (und das Dröhnen des kaputten Auspuffs).
Ob wir wohl doch noch eine (wegen der Feiertage) überteuerte Nacht in einem seeeehr einfachen Zimmer hätten zahlen
sollen, statt mit dem Bus um 23.30 Uhr zum nächsten Verkehrsknotenpunkt aufzubrechen, dort um 4.30 Uhr anzukommen, da der Schalter erst um 7 Uhr öffnete, das Ticket erst 8 Uhr kaufen zu können
(das wir wohl auch noch bekommen hätten, wären wir einen Tag später erst um 13.30 Uhr losgefahren)? Wenn wir vorher gewusst hätten, dass der Bus nach Recife um 18.30 Uhr dann Stunden Verspätung
hatte, wir um 22 Uhr vollkommen übernächtigt in einen Bus eines anderen Unternehmens gepackt wurden, dieser aber mit einer Panne nach einem Drittel der Strecke um 4 Uhr morgens liegen blieb, das
Umsteigen in einen weiteren Bus nach Recife scheiterte, da man uns den Fahrkartenbeleg inklusive Durchschlag beim Einsteigen in den Pannenbus abgenommen hatte, um 7 Uhr morgens schließlich der
Bus des ursprünglich gebuchten Unternehmens uns mitnahm, die Fahrt aber noch bis 17 Uhr dauerte, bis wir den armen Bed&Breakfast-Wirt anrufen konnten, um ihm mitzuteilen, dass wir knappe 10
Stunden Verspätung hatten – wenn wir das also vorher gewusst hätten, hätten wir wohl noch liebend gern eine Nacht in einem Bett in Lençois verbracht, wenn auch überteuert!