Valparaiso und Santiago (3. – 10. Januar 2013)

Endlich hatten wir lange genug ausgeharrt und durften in die Stadt in der ähnlich wie in Monaco beim Formel1 Rennen Balkonplätze mit Sicht auf das Silvesterfeuerwerk für teuer Geld vermietet werden. Andererseits aber ähnlich wie Lissabon auf vielen Hügeln gebaut und deshalb mit vielen „Funiculares“ (veraltete Bergbahnen und Aufzüge) begeisterte Valparaiso uns mit dem Charme seiner verfallenen, verrosteten Wellblechbauten direkt neben modernen Villen mit Glasfronten, den vielen Graffitis auf den Wänden und Garagentoren, dem Trolleybus und dem Blick über die Bucht von der Avenida Alemania aus.

Kaum hatten wir den Palacio Barburizza verlassen (eigentlich ein Museum, aber das Haus ist an sich viel ansprechender mit offenem Marmorkamin, im marmornen Bad eine Dusche mit vielen Kupferrohren und einer umwerfenden Aussicht auf den Hafen), dröhnte es plötzlich aus allen Hörnern der vor Anker liegenden Ozeandampfer und ein Viermaster segelte in den Hafen ein. Wohl ein Nachbau der „Esmeralda“ (siegreich im Salpeterkrieg), liegt normal vor Iquique und wie die Gorch Fock bei uns das Vorzeigeschiff der chilenischen Armada. Einige Hunde versuchten in das Spektakel mit Geheule einzustimmen.

In unserem Hostel Casa Aventura wurde das gute Frühstück vom El Punto in La Serena mit selbstgemachten Marmeladen, frischem Rührei und einem Obstteller zu den Brötchen tatsächlich noch getoppt. An einem Samstagabend probierten wir ein typisch chilenisches Fastfood: die Chorillana (Berge von lätschigen Pommes mit wenig billigen Fleischfitzelchen und Wurstzipfeln unter einer Scheibe Käse und mit viel Ketchup und Mayo). Dazu je einen Schop (eine Halbe gezapftes Bier). Danach fanden wir eine etwas runtergekommene Kneipe mit uralten oder unbekannten Hardrockvideos (wer kennt schon die Iron Maidens Mädelsband?), billigem Bier und eher schwarz gekleideten, langhaarigen Jugendlichen. Fantastischer Abend! Und Sontagnachmittag gabs „Pastel de Selva Negra“ (also eine Schnitte Schwarzwälder Kirschtortenverschnitt) für Thomas und für mich 'nen Flan zum Kaffee, so viel zu unseren kulinarischen Erlebnissen.

An einem Tag fuhren wir mit der Bahn am Meer entlang nach Vin͂a del Mar. An der Küste erinnert es ein wenig an die französische Riviera. Thomas gefiel das meerumtoste „Casa Wulff“ noch besser als der Palacio Baburizza, ich könnt's da auch aushalten :-). Hier flanieren die Reichen und Schönen durch Einkaufsstraßen zum Hotel-Casino oder lassen sich in einer Pferdekutsche einmal durch den Ort oder zu den Riesen-Einkaufsmalls fahren und der Präsident hat hier auch seinen Sommersitz. Der Strand ist aber total verbaut und es windete kräftig, als wir dort waren.

Dann hieß es endgültig Abschied von den Holländern Leonie und John nehmen und wir fuhren anderthalb Stunden landeinwärts nach Santiago.

In der Innenstadt stehen noch ein paar prächtige Kolonialbauten. Vom Cerro Santa Lucia hat man einen netten Blick über die Stadt und die z.T. schneebedeckten Andengipfel, die im smogigen Dunst im Hintergrund zu erahnen sind. Allerdings waren wir nicht auf den Kanonenknall vorbereitet, der jeden Tag genau um 12 Uhr mittags dort abgeben wird und die Druckwelle ließ unsere Hosenbeine auf dem Türmchen flattern!

Im etwas snobbigen Bellavista-Viertel streikte die Belegschaft der Pablo Neruda Museen, wir wollten eh nicht rein, aber auch der Funicular auf den Cerro St. Cristobal wurde gerade gerichtet. Dafür gab's 'nen Ersatzbussle, das uns zur großen weißen Virgen-Statue brachte.

Im Inland war's jetzt deutlich heißer als an der Küste und wir waren froh über die Abkühlung im Pool unseres Hostels. Ganz ungewohnt für uns (wir waren eben lange in Äquatornahe, wo die Sonne um 6 Uhr abends flott untergeht) setzte hier die Dämmerung erst so gegen halb zehn Uhr abends ein und bescherte eine entspannte Stimmung mit einem Bierchen auf der Wiese im Park am Plaza Brazil.