Ciudad Perdida (2. - 5. Oktober 2013)

5 -Tages-Treck im Dschungel der Sierra Nevada zu den Ruinen der Tairona

Gott sei Dank haben wir diese Tour nicht gleich zu Beginn unserer Reise vor über einem Jahr in Angriff genommen, denn um das mal ganz klar zu sagen, ich (Julia) waer viiiel zu unfit gewesen: Auch wenn sich 46 km Gesamtstrecke in 5 Tagen lächerlich wenig anhören, aber die führt durch Moskito- und Kriebelmücken-verseuchten, bergigen Dschungel. Entweder erklimmt man in mörderischer Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit steile Pfade, so dass einem das T-Shirt schon nach 5 min am Oberkörper klebt und der Schweiß aus der Naht an der Shorts tropft, oder aber es regnet (die Klamotten sind ja schon nass, das macht nix) und man versucht durch die roten Matschmassen den Berg Richtung Nachtlager wieder runter zu schlittern ohne auf dem Hosenboden zu landen. Dafür waren die einfachen Unterkünfte (Hängematten- und Stockbettenlager) mit Duschen und Klos besser ausgestattet als erwartet und man wurde durchgefüttert ohne Ende: nach einem steilen Teil bergauf wartete schon die Orange, die Wassermelone oder ein Zuckerrohrstück auf einen, zwischendrin gab's Schokoriegel oder Kekse, was das süße Herz begehrt.

 

Und wenn man sich auch mal auf die Umgebung konzentrierte, wurde man mit den unterschiedlichsten Eindrücken belohnt: das schwummrig-grüne Licht auf den lianenverhangenen Wegen mit bemoosten Steinen im Dschungel, Blicke über an die Schweiz erinnernde Bergweiden mit eher an Afrika errinernde Zebu-Rindern, beim Überqueren einer wackeligen Hängebrücke das Rauschen des Buritaca-Flusses, wie er über die Felsen ins Tal fließt oder die Grauschattierungen der Berggipfel im Hintergrund von Regenwolkenverhangenen Tälern. Abends konnte der Regen so laut auf das Wellblechdach des Lagers prasseln, dass man sich nicht mehr unterhalten konnte oder die Frösche und Kröten veranstalteten nachts mit merkwürdigen Ooops-Lauten die musikalische Untermalung für ein Wetterleuchten-Feuerwerk, das die armen Glühwürmchen so verwirrte, dass es im Dunkel überall grün leuchtete.

 

Am vierten Tag dann endlich stiegen wir die 1100 Stufen zur Ciudad Perdida, der erst in den 70igern von Grabräubern wieder entdeckten Stätte des seit des 17 Jahrhunderts ausgestorbenen Volkes der Tairona (span. Tayrona) hoch. Oben warteten bemooste, teilweise von Bäumen überwachsene Steinkreise auf uns, die Plattformen für die Holzhütten (erinnerte uns an Kuelap im Norden Perus). Dann donnerte plötzlich ein Hubschrauber über uns... dem Militärposten wurden Vorräte gebracht, fotografieren war unerwünscht. Doch endlich hatte das gemeine Fußvolk die Säcke im Laufschritt ins Lager hochgeschleppt, während die Oberen Chips aßen und Coca Cola tranken, derweil die fetten Gewehre einfach so rumlagen. Dann endlich konnten wir das ersehnte und bekannte Foto der oberen drei Terassen der „Verlorenene Stadt“ schießen ... mit dem Fotoapparat. Nach insgesamt drei Stunden auf dem weitläufigen Areal, gabs noch 'ne Abkühlung im „Pozo de la Juventud“, dem Jungbrunnen.

 

Quelle: http://culturaindigenakogui.blogspot.com/2012/05/comunidad-kogui.html
Quelle: http://culturaindigenakogui.blogspot.com/2012/05/comunidad-kogui.html

Die Indios (Indigenas, Ureinwohner), die heute noch in der Sierra Nevada ihr naturverbundenes Leben im Seminomadentum verbringen, gehören u.a. dem Kogi-Volk an. Die Familien in ihren weißen, sackartigen Kleidern begegneten uns immer wieder auf den Wegen mit Schweinchen, Hund und einer Kinderhorde barfuss oder in Gummistiefeln im Schlepptau. Unser Führer Javier erzählte uns ein wenig über ihre Sitten und Bräuche: Mädchen wie Jungs haben lange schwarze Haaren und sind nur an Ketten um den Hals bzw. Armbändchen und einem Beutel aus Sisal zu unterscheiden. Die Männer heiraten mit 18 ein junges 12-14 jähriges Mädchen (sobald die erste Periode ihre Fertilität belegt). So lange ihre Gesundheit es zulässt, wird sie ein Kind nach dem anderen bekommen. Dann wird ihr Mann seine zweite Frau heiraten, die von ihr angelernt wird. Den Hauptteil der Haus- und Feldarbeit erledigen die Frauen. Die Männer kauen ihre Koka-Blätter und vermischen den Brei immer wieder mit aus Muscheln gewonnenem Kalkpulver aus einem sog. Poporo. Die Kalkpulver gefüllte Kalebasse wird an ihrem Hals immer wieder mit einem Hölzchen mit dem Kalk-Spucke-Gemisch bestrichen, so dass ein gelblicher „Kragen“ entsteht, wenn dieser ein gewisse Größe erreicht hat, wird der Poporo für spezielle Zeremonien irgendwo gelagert (oder einem Gringo zum Kauf angeboten, damit man Bier oder Whiskey kaufen kann, die Nähe zur Zivilisation fordert ihren Tribut). (Wen die Kultur oder die Warnung an die „Hermanos menores“, den Kleinen Bruder - also uns – interessiert, kann sich ja folgende Links (englisch) mal anschauen: http://tairona.myzen.co.uk/index.php oder http://www.youtube.com/watch?v=UdhvKoWefok).

Als wir nach der letzten großen Etappe verschwitzt (Thomas trug heldenhaft den schweren Rucksack vom anderen deutschen Pärchen) an einem Sonntagmittag im Dorf Machete eintrafen, dröhnte aus jedem zweiten Haus laute Musik und es wurde überall „Tejo“ gespielt: Ziel ist es dabei mit einem diskusartigen Gewicht aus etwa 5m Entfernung auf zwei Zündkörper-Ziele („Mechas“ – dreieckige Schwarzpulvertaschen) zu treffen, die auf einen schrägen, lehmigen Untergrund in einem Holzgestell platziert sind. Bei Erfolg knallt es ganz schön laut. Wir (und die Katze) freuten uns über ein leckeres Abschlussessen mit Fisch bevor der Landcruiser wieder die 12km zur Straße nach Santa Marta zurück ruckelte und wir nach einer weiteren Stunde Fahrt erschöpft ein erfrischendes Bad im Hostel-Pool nehmen konnten.