Viñales und Playa Larga (18. - 24. Juni 2014)

Kalksteinkegel und Krabben

Schon nach einer knappen Woche kam man nicht drum 'rum zu erkennen, dass der Kapitalismus trotz riesiger Propagandatafeln mit „hasta la Victoria siempre“ und „la Revolution sigue“ usw. Einzug in Kuba gehalten hat. Was uns im Zentrum von Havanna gerade gelegen kam: denn wir freuten uns natürlich fuer wenige CUP eine Handteller-große Pizza für umgerechnet gerademal 50 Eurocent oder gar einen Teller Spaghetti für nur 35 Eurocent aus einem Fenster eines „Privatunternehmens“ heraus auf die Straße verkauft zu bekommen (beides keine kulinarischen Köstlichkeiten sondern eher günstige Sattmacher). Aber genau diese Geschäftstüchtigkeit und das wachsende Profitgespür in der Bevölkerung nervte auf der anderen Seite auch wieder: Frauen oder junge Teens baten des Öfteren darum, Milch gekauft zu bekommen, nur um diese im nächsten Laden wieder für Geld eintauschen zu können; vor dieser Masche warnte unser Reiseführer und unser Wirt in Havanna. Leute fragten nach Feuer, wahrscheinlich um das Feuerzeug abgreifen zu können. Kleine, gut gekleidete Jungs bettelten um Kleingeld. An jeder Straßenecke wurde man angehauen, ob man nicht ein Taxi bräuchte und wenn man dann beim hundertsten Mal an diesem Tag kaum noch reagierte, regten sich die Taxifahrer über die vermeintliche Unfreundlichkeit auf. Und auch die aufgesetzt freundliche Frage „Where do you come from ?“ beantworteten wir irgendwann nur noch gequält oder gar nicht mehr, da darauf immer irgendein Angebot oder eine Bitte erfolgte.

 

Nur allzu verständlich also der Kommentar zweier junger deutschen Studentinnen auf einem Feedbackbogen für Kubareisende, den wir wegen unserer „hervorragenden“ Spanischkenntnisse in einem staatlichen Infotur-Büro übersetzten durften, als wir selber nach einer Karte von Viñales nachfragten. Ihren Eindrücken zufolge fanden sie die Kubaner nicht so nett wie im Reiseführer angepriesen, da die Freundlichkeit immer nur ein Vorwand sei, etwas zu verkaufen oder zu betteln. Sie hätten schon Angst aus dem Auto zu steigen, wo schon der nächste Aufdringliche warte. Und WIR durften diese freudige Botschaft überbringen!

 

Leider merkten wir in Viñales, warum im Juni keine Hauptreisezeit in Kuba ist: Nicht nur, dass alle Tabakfelder bereits abgeerntet sind, nein es war auch noch unerträglich heiß! Es war so heiß, dass wir drauf verzichteten, die idyllische Landschaft mit den „Mogotes“- den Karsthügeln- bei Viñales mit dem Rad zu erkunden, wir beschränkten uns auf einen Spaziergang zu einem Ausblick über das Tal. Auch ohne Tabak bildete das Grün von Zuckerrohr und Mais einen schönen Kontrast zu der intensiv roten Erde dort. Am ersten Abend besuchten wir das „Decimo“, wo wir bei Live-Musik einen Mojito schlürften, leider wieder mal keinen sonderlich guten. Die Aufforderung zum Tanz wird der kubanische Messi aber bald bereut haben, denn der Salsa oder Merengue-Tanzkurs steht immer noch aus. Da hatten die kubanische Tänzer vor dem Casa de Trova in Baracoa oder auch auf dem Hauptplatz von Santiago beim Festival de Caribe mehr Glück mit anderen Salsa-tüchtigen Europäerinnen. Sieht dann schon nicht schlecht aus, aber auch abends war's eigentlich immer noch zu warm für allzuviel Bewegung.

 

Bei unserer ersten längeren Bus-Fahrt nach Viñales raus konnten wir uns ein Bild vom Transportsystem hier machen. Wir fuhren über eine vierspurige Straße, auf der aber kaum Verkehr war, mehr Schlaglöcher als Autos. An den Ausfallstraßen von Havanna standen die Leute am Straßenrand und winkten mit Geldscheinen, CUC oder MN. So können die Vorbeifahrenden sich ein Bild machen, wie viel die Leute fürs Mitnehmen bereit sind zu zahlen (wie in Venezuela scheint es zu wenig Busse zu geben, oh gelobter Sozialismus). Für kürzere Strecken steigt man auf die rechts und links mit einer harten Sitzbank versehenen Ladefläche eines Lastwagens, sog. Camiones, in der Mitte sind viele Stehplätze und ruckelt und zuckelt mit vielen Stopps röhrend von A nach B, dafür kostet's fast nix: für die 50 km von Guardalavaca nach Holguin zahlten wir 20 MN zusammen. Für die Hinfahrt hatten wir eine sog. Machina genommen, ein Sammeltaxi und dafür 3 CUC für beide gezahlt. Das offizielle Transportmittel für Touristen sind aber eigentlich die klimatisierten Busse von Viazul (oder Taxis, klar), deren gesalzene Fahrpreise in CUC gezahlt werden müssen. Der reiche Kubaner leistet sich den aber auch! Da kam es aber auch immer wieder vor, dass wir vor dem Viazul-Büro von Taxifahrern oder einem sog. „Jinetero“ abgefangen wurden: die organisierten noch zwei weitere Fahrgäste, wir zahlten den gleichen Preis wie für den Bus, konnten aber ohne Wartezeit gleich abfahren, von Cienfuegos nach Trinidad war das eine nette Fahrt durch die Hügel in einem Oldtimer. Und offenbar lohnt sich das auch für den Fahrer und den Vermittler.

 

Bei der Auswahl des Quartiers an der Schweinebucht kam uns der Zufall zur Hilfe, der Bus von Havanna nach Trinidad setzte uns zusammen mit Alex und Nicole an der Abzweigung ab. Diesen war vom vorherigen Wirt ein Casa Particular in Playa Larga „empfohlen“ worden. Sprich: Der ruft in der nächsten Bleibe an, kassiert dafür aber eine Vermittlungsgebühr von 5 CUC, die dem Gast auf die Rechnung aufgeschlagen wird. Die Wirtin dort hatte ein Taxi „vermittelt“, das schon wartete, wir stiegen mit ein, ein hervorragendes Geschäft für den Fahrer, denn wir zahlten auch nochmal. Der wollte sich nun auch gleich noch die „Vermittlungsgebühr“ für das Zimmer für uns einheimsen, denn WIR waren ja dort noch nicht angemeldet. Thomas sprach's direkt an, er wolle gerne ohne den Fahrer verhandeln und keine Provision zahlen. Dass es dieses Prozedere gäbe, wollte die Wirtin eifrig kopfschüttelnd weit von sich weisen, aber in Cienfuegos wurde es uns nochmal bestätigt

 

Das Essen im Hostal Enrique war hervorragenst und reichlich, das Abendessen kam quasi zu einem hergekrochen: Krabben überall. Zur Partie gegen die USA wurden uns noch Salz-Cracker mit Thunfisch gereicht. Der Playa Larga war aber ein Stück weg und trotz des Namens nicht besonders groß. Und die Moskitos waren in der Dämmerung eine echte Plage, nach dem Unwetter am zweiten Tag schützte auch das Mossie-Spray nicht vor den gierig surrenden Blutsaugern.