San Cristóbal de las Casas (17. - 21. April 2014)

Ostern mit vielen unterschiedlichen Eindruecken

Wir hatten (wahrscheinlich unnötigerweise, aber Julia war panisch nach dem Ostererlebnis letztes Jahr in Argentinien als ganz Mendoza ausgebucht war und wir zelten gehen mussten) unser Zimmer im sehr netten Hostal los Camellos vorgebucht, da in der Semana Santa, also der Osterwoche angeblich alles ausgebucht sein sollte. Gründonnerstag war buchstäblich noch alles im grünen Bereich. Aber in den schmalen Fußgängerzonen wimmelte es doch schon von einheimischen und ausländischen Touristen und jeder Menge indigener Schal- und Blusen-Verkäuferinnen in ihren Trachten. Am urigsten wirkten die dicken Röcke der Tzotzil-Frauen aus schwarzem „Fell“ (eher aus abgewetztem Langhaar- Kunst-Plüsch wie er auch vor Jahren im Oblomow von der Decke hing, dort allerdings in orange), aber in der Kälte nachts auf 2000m wahrscheinlich nicht schlecht. Wir erklommen die Treppen zu den Kapellen auf den „Cerros“ San Cristobal und Guadalupe und verschafften uns einen Überblick über den doch recht großen Ort.

 

Am Karfreitag-Morgen zogen Grüppchen von Leuten zu in oder vor Privathäusern liebevoll vorbereiten, mit Blumenkränzen geschmückten Nischen, der Boden davor war mit langen Kiefernnadeln abgedeckt. Dort wurde die mitgebrachte Jesus-Statue kurz aufgestellt, ein monotoner Gesang angestimmt, ein paar Bibelworte rezitiert und weiter zog man zur nächsten Nische. Zur nächsten Familie. Die große Prozession mit viel Publikum, die den Leidensweg Christi darstellte, zog erst später durch die Altstadtgassen. Wir wurden Zeuge von Station 7 und 8 (Jesus stürzt mit dem Kreuz und begegnet dann den weinenden Frauen), dann entflohen wir dem Trubel. Abends beschlossen wir endlich mal eine Michelada zu probieren: Klassischerweise wird dafür ein Bodensatz aus Maggi und einer tomatigen, pikanten Soße manchmal noch mit Zwiebelwürfelchen gemischt und dann mit Bier aufgegossen. Wem das schon ekelig erscheint, dem sei gesagt, wir bekamen eine Variante serviert: mit Nelke! Wer schon mal gefastet hat, weiß wie Glaubersalz schmeckt und das noch mit Nelkengeschmack und Schärfe. Nee, nix für uns, wir haben gut die Hälfte stehen lassen.

 

Am nächsten Tag fuhren wir in ein Tzotzil-Dorf in der Umgebung namens San Juan Chamula und zahlten brav Eintritt für deren katholische Kirche, in der modernes Christentum mit alten Maya-Bräuchen gemischt praktiziert wird. Fotos innen sind verboten*. In der Kirche befinden sich keine Bänke, die Decke ist von Stoffbahnen verhangen, Weihrauchschwaden hängen in der Luft. An den Wänden rechts und links stehen viele Heiligenstatuen in Holzvitrinen aufgereiht, vielen ist mindestens ein Spiegel um den Hals gehängt. Auf Tischen in der Mitte und am Rand stehen hunderte von Kerzen in Gläsern. Während die Touris durch die Kirche laufen, sitzen an verschiedenen Stellen Einzelne oder Gruppen vor in Reihen auf dem Boden angeordneten Kerzen, z.T. mit Blütenblättern oder Kiefernnadeln dazwischen und halten ihr Ritual ab. Thomas konnte sogar ein Huhnopfer beobachten. Genau um ein Uhr geböllert und die Kirchenglocken läuteten ohne Unterlass. Ja, es erinnerte einiges an die Kirche in Chichicastenango in Guatemala, richtig!.

 

* Auch vom Fotografieren der noch sehr traditionellen Indios in ihren typischen Trachten im Ort wird abgeraten und eigenartigerweise hat es tatsächlich unsere Speicherkarte verrissen, die besten Fotos der Kirche mit dem Markt davor und einigen Trachten zumindest von hinten waren auch mit einer Wiederherstellungssoftware nicht zu retten. Dabei sehen die Männer in ihren weißen oder schwarzen „Fell“-Überwürfen mit Gürteln vor allem in der Gruppe sehr apart aus).

 

Den Sonntag wollten wir eigentlich ruhig angehen lassen, doch schon in aller Frühe wurden die Straßen lautstark von parkenden Autos geräumt. Während wir frühstückten fand eine kleine Demonstration für die Erhaltung von Fauna und Flora in den umgebenden Bergen statt (das war aber schon das höchste der Gefühle, was wir von politischer Aktivität in der (ehemaligen?) Zapatisten-Hochburg mitbekamen. Gegen Mittag am Ostersonntag führte eine eher sehr weltliche Parade mit den verschiedenen Schönheitsköniginnen???? direkt an unserem Hostel vorbei. Großes Spektakel, es wurden sogar Kamellen und Rosen geschmissen.

 

An unserem letzten Tag (hier kein Feiertag) ließen wir uns mit einer Tour nach Chiapa de Corzo auf 450m hinunter fahren, wo uns eine unerwartete Hitze empfing. Im Boot wurden wir in 2 Stunden durch die doch recht eindrucksvoll tiefe Schlucht des Cañon de Sumidero bis zur Staumauer und zurück gefahren. Unterwegs begegneten wir Geiern, Reihern, Kormoranen und Krokodilen. Die Affen in den Baumwipfeln blieben recht fern. In der Mittagshitze durften wir noch ein wenig durch die Souvenirstände rund um den Hauptplatz bummeln bevor uns der Minivan wieder hoch und damit zurück in den Regen und die Kälte beförderte. Wenige Stunden später fuhren wir dieselbe Straße im Nachtbus an die Pazifikküste wieder runter. Ganz schön viel Druckausgleich für die Ohren an einem Tag!