Nach Fähre und Taxi nach Rivas kam wieder das Erlebnis Chickenbusfahrt, diesmal für 2 Stunden. Puh! Auf den ersten Eindruck hin wirkte Granada sehr staubig, hektisch und voll mit Leuten, doch das war nur das geschäftige Treiben rund um den Markt, durch das wir uns bis zum Hostel vorarbeiteten. Schon die ersten Schritte danach Richtung Zentrum offenbarten den Charme der Stadt: die engen Straßen mit einstöckigen Häusern in kräftigen Farben angestrichen wirken sehr sauber und ordentlich. Die Hotels, Cafés und Restaurants in den mächtigen Kolonialbauten und Arkaden am Parque Central täuschen Luxus vor, auf den Treppen jedoch sitzen Bettler oder bieten Kinder Palmblatt-Origamis an. An einer Seite des Platzes warten wacklige (aber liebevoll restaurierte) Pferdekutschen und mit Schleifen verzierte Pferde geduldig auf Kunden, gegenüber zieht die leuchtend gelbe Kathedrale alle Blicke auf sich. Auf den Genuss der hiesigen Spezialität „Vigoron“ (kross gebrutzelte Schweineschwarte serviert auf Bananenblatt), das in den Imbissbuden auf dem Platz bis in die Nacht angeboten wird, verzichtete ich (Julia) nach der Lektüre eines anderen Blogs gerne, Thomas kam nur leider nicht zum Probieren.
Die große Party“meile“ befindet sich in der Calle La Calzada, dort drängt sich ein Touri-Restaurant ans nächste und lockt mit günstigen Zwei-zum-Preis-von-einem-Cocktail-Angeboten und billigen 1-Liter Bierflaschen. Für Unterhaltung ist gesorgt, da immer wieder Grüppchen durch die Straße ziehen und Tanzeinlagen vorführen z.B. mit übergroßen Puppen („La Gigantona y el Enano Cabezon“ – die Riesin und der großköpfige Zwerg), in traditionellen Kostümen oder eine moderne Break-und/oder Streetdance-Vorführung. Hier verbrachten wir dann auch Silvester. Die Kracher und Raketen explodierten schon den ganzen Abend über, es wurde nur in der Viertelstunde vor Mitternacht mehr, gegen 10 Uhr lief eine große Gruppe in Halloween-Kostümen mit uns unbekanntem Ziel durch die Straße. Nach ganzen zwei Minuten im Neuen Jahr schien das Spektakel dann schon rum zu sein und die Menge verlief sich langsam, während wir das Neue Jahr mit Prickligem begrüßten, nein... nur Bier.
Von Granada aus starteten wir noch zu zwei Tagesausflügen. Einmal nach Masaya, wo wir aber weder vom angeblich sagenhaften Blick vom Malecón über den Kratersee, noch vom angeblich rauchenden Krater noch vom Handwerker- und Künstlermarkt sonderlich beeindruckt waren. Zum Abschluss des Tages stiegen wir aber noch auf den Kirchturm der La Merced Kirche in Granada und genossen den tatsächlich sagenhaften Panoramablick (s.o.) am Spätnachmittag über Granada mit dem Nicaraguasee und dem Mombachovulkan im Hintergrund, sogar der Kegel des Conception auf Ometepe ließ sich in der Ferne ausmachen. Am nächsten Tag fuhren wir an die Lagune von Apoyo, wo uns allerdings ein flott aufziehender Sturm am Nachmittag ein unsanftes Ende des ansonsten sehr friedlichen Relaxens am Seeufer bereitete und wir waren froh schon vorher mit dem Kayak ein wenig rumgepaddelt zu sein.
In Leon kamen wir in der „Posada la Gordita“ unter, deren gewichtige Wirtin diesen Namen nicht von Ungefähr ausgewählt hat. Das Frühstück war jeden Tag mächtig und abwechslungsreich. Leons Labyrinth aus staubigen Straßenquadern wirkt deutlich authentischer, überall kleine Tiendas mit Klamotten und Schuhen und massig winziger Apotheken. Allerdings war es schwierig in Letzteren einen wirksamen Mückenschutz aufzutreiben, vielleicht weil die Vorräte mit höheren Konzentrationen an DEET während der Dengue-Epidemie Monate zuvor aufgebraucht wurden. Auch an große Sonnencreme-Flaschen ist hier schwer ranzukommen, weshalb die Wolken bei unserem Strandtag am fast menschenleeren, dunkelgrauen Strand von Las Peñitas eher willkommen waren.
Und für den letzten Tag in Leon buchten wir das Vulkan-Boarding. Zusammen mit einem weiteren Gast aus unserer Pension fuhren wir mit dem Jeep über holprige Straßen bis zum Cerro Negro, einem aktiven Vulkan, der zuletzt 1999 ausgebrochen ist. Über loses, grobes Geröll stiegen wir den steilen Hang des dunklen Berges hinauf, kämpften dabei aber eher mit dem Wind und dem handgefertigten Board als mit dem Berg. Vom Gipfel aus konnten wir in eine Richtung die Sicht über die nord-südlich ausgerichtete Vulkankette bewundern, nach rechts über das flache, fruchtbare Ackerland im Hinterland und links konnten wir den 40 km entfernten Pazifik im Westen funkeln sehn. Der Blick in die beiden dunklen Krater des Cerro Negro erinnert mit seinen gelben Schwefelablagerungen, den Rauchschwaden und dem Gestank vielleicht ein wenig an den Eingang zur Hölle. Dann durften wir die übergroßen Overalls überziehen und auf der anderen Seite den steilen Hang runterboarden. Selbst wenn wir auf keinen Fall den Rekord von Eric Barone auf seinem Fahrrad brachen
(https://www.youtube.com/watch?v=VkP69dIaeBg) , vielleicht Thomas noch eher als Julia, bekamen wir doch 'nen ordentlichen Schwung und - obwohl wir die letzten Reste von Vulkanasche in den Ohren, der Nase, dem Mund usw. erst wieder unter der Dusche los wurden- hatten wir viel Spaß.
Der nächste Bericht wird von den Corn Islands an der Karibik-Küste kommen, da wird allein schon die Reise dorthin ohne Flugzeug ein Abenteuer, doch mehr dazu demnächst.