So, da hatten wir sie doch endlich, die mühselige Reise über die Grenze nach Peru mitten ins nördliche Hochland. So hatte ich mir das Reisen in Südamerika vorgestellt: enge, unbefestigte Sträßchen winden sich durch unbewohnte Höhen und Täler, die Transportmittel keine Busse mehr sondern Chivas (LKWs mit Sitzbänken auf der zu den Seiten offenen Pritsche), Mototaxis (Tuktuks, also Motorräder mit einer kleinen Kabine hinten dran) oder Taxis, in die für eine Strecke von 1,5 Stunden sechs Fahrgäste reingezwängt wurden. Da war die Zwangspause mitten auf der Strecke wegen Straßenbauarbeiten fast willkommen. Allerdings heizte unser Fahrer dann umso schneller durch die folgenden Baustellen, auch wenn ein Bauarbeiter mit dem Schild „Pare“ also Halt dastand und nur gerade noch zur Seite springen konnte.
Gott sei dank waren wir für diese Etappe zu sechs, außer uns noch zwei Deutsche, Rike und Alex, die wir in Vilcabamba kennengelernt hatten und ein junges Pärchen aus den USA, die mit uns um 6.15 Uhr in Vilcabamba auf den Bus warteten. Dadurch hatten wir keine Wartezeiten und konnten am Preis noch ein wenig rumfeilschen. Am ersten Tag schaffen wir es bis über die Grenze bei La Balsa und im Dunkeln dann nach San Ignacio, wo wir in einer Absteige eine unruhige Nacht verbrachten. Am nächsten Tag ging es in 3 verschiedenen Minivan-Etappen im Regen durch ein mal breiteres Flusstal mit Reisfeldern und tiefhängenden Wolkenfetzen über den Hügelketten am Horizont und dann wieder durch enge Schluchten mit Wasserfällen nach Chachapoyas, natürlich immer begleitet von herzzerreißenden Panflötenklängen oder hämmernden Reggaeton-Bässen.
Ziemlich geschafft mussten wir aber gleich das Programm für den nächsten Tag organisieren, denn die Ruinen von Kuélap sind nicht so ohne Weiteres zu erreichen. Das geschickteste und günstigste schien die Teilnahme an einer Tour zu sein, die wir kurzerhand buchten, das Hostel am Plaza bezogen, noch eine kleine Runde durch das matschige Örtchen drehten und noch gesättigt von dem Riesenmenü todmüde ins Bettchen fielen.
Pünktlich um 8.20 Uhr trafen wir wieder die anderen 4 vor dem Reisebüro und wurden dann zu unserer Überraschung zu einem Minibus mit 19 Plätzen geführt, in dem sich außer einem Japaner und 3 Kanadiern auch noch zwei perunische Familien mit Kleinkindern und einer Oma befanden, die sich kaum auf den eigenen Beinen halten konnte. Das gebrochene Englisch unserer Reiseführerin wurde durch das Knacken der Sprechanlage nicht verständlicher, aber die dreistündige Fahrt durch die Schlucht des Utcubamba, vorbei an Grabhöhlen und dann in einer Riesenschlaufe hoch war auch so atemberaubend mit den steilen Felswänden und der holprigen Straße.
Die Chachapoyaskultur (Wolkenkrieger) hatte ihre Blütezeit in Prä-Inkazeiten und zum Schutz vor den Inkas bauten sie in 3000m Höhe um 800 n. Chr. die Festung Kuélap (die allerdings wohl nie ganz fertig gebaut wurde), von deren Wachtürmen aus man einen fantastischen Blick über die ganzen Täler hat (so es nicht regnet ;-)). Die meterdicke Mauer mit ihrern zwei schmalen Zugängen ist etwa einen Kilometer lang und innerhalb dieser Festung befanden sich ewa 420 kreisrunde Gebäude mit ca 4-5m Durchmesser, die jeweils einer Familie und ihrem Meerschweinchenkäfig (also der lebenden Vorratskammer) Wohnraum boten.
Vom Parkplatz aus muss man noch etwa 15 min hochlaufen, was die alte Dame auch auf einem Pferderücken nicht bewältigte, auch die Highheels der Tochter bewährten sich nicht und sie lieh sich Gummistiefel. Die knapp drei Stunden Führung durch dieses Riesen-Bauwerk, in dem mittendrin das eine oder andere wilde Lama graste und spuckbereit in die Kamera schaute, war die mühselige Anreise ins Hinterland wert.
Eigentlich hatten wir noch vor aus der Hülle und Fülle von archäologischen Angeboten hier mit Gräbern, Sarkophagen usw. noch die 200 Mumien von der Kondor-Lagune im 80km entfernten Leymebamba zu besichtigen, leider ist das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin aber gerade wegen Straßenbauarbeiten sehr eingeschränkt und die Touren dorthin zu teuer. Deshalb sitzen wir momentan in einem Cafe am Plaza und versuchen die Zeit bis zum Nachtbus an die Küste mit Reisebericht schreiben totzuschlagen.