Eine der besten Entscheidungen auf userer Reise war, dieses Fleckchen Erde nicht mit einer Tour zu bereisen, sondern individuell zu erkunden zumindest ab Cabanaconde. Für den Transport dorthin schlossen wir uns zwar einer Tour an und wurden statt um drei Uhr morgens erst gegen 4 Uhr vom Hostel abgeholt. Grrr! Unser Fahrer schien ordentlich Halloween gefeiert zu haben, da ihm die Augen ständig drohten zuzufallen, aber er rettete sich (und uns!) irgendwie von Stopp zu Stopp. Ab Chivay, unserer Frühstückspause, fuhren wir am Canyon entlang und konnten immer mal wieder schon in den Canyon mit den terassenförmigen Feldern runter spickeln. Um 9 Uhr gabs nen Halt am Cruz del Condor. Zusammen mit etwa hundert anderen Touris warteten wir daruf, dass einer dieser majestätischen Vögel sich mithilfe der Thermik aus dem Canyon emporschraubte und man ein Foto erhaschen konnte. Wir hatten Glück und einer segelte sogar recht nah an uns vorbei, durch die Menge auf der Aussichtsplattform ging ein Raunen. (Julia hat heute Ihren Schwalltag).
Die anderen wurden am Einstieg zur Trekking-Tour abgesetzt und wir blieben bis Cabanaconde im Auto sitzen, um unser Backpacker-Hostel zu beziehen. Dort sammelten wir begierig die ersten Infos und Erfahrungen von Leuten, die gerade von der Tour zurückkamen. Dann spazierten wir 20min zum nächstgelegenen Aussichtspunkt und bestaunten den atemberaubenden Blick in den zweittiefsten Canyon der Welt. Außerdem orientierten wir uns mit einem Kärtchen, wo wir in den nächsten 2 ½ Tagen wohl langlaufen würden. Nach einem frühen Almuerzo an der Plaza (Suppe und Hauptgang) für 6 Soles (2 Euro) hielten wir erstmal eine Siesta. Die Nacht war nicht die erholsamste gewesen. Abends wurde es auf den 3300m doch ungemütlich kalt und wir nahmen am Tisch direkt neben dem Holzfeuer-Pizzaofen Platz und gönnten uns eine (wirklich gut!). Beim Happy hour Pisco Sour (ja wir waren auf den Geschmack gekommen) ließen wir uns vom Wirt noch wegen der Route beraten und gingen früh ins Bett.
Mit so wenig wie möglich Gepäck in unseren Handgepäcks-Rucksäcken (den Löwenanteil am Gewicht machten unserer Wasservorräte aus) stiegen wir vom Mirador San Miguel aus gegen 8 Uhr die über 1000m in den Canyon ab. Die Aussicht war gigantisch, aber das lose Geröll auf dem steilen Weg bergab für meinen (Julias) Geschmack zu rutschig. Geplant war es auf der gegenüberliegenden Seite noch bis auf 2800m nach Tapay hochzulaufen und dort zu übernachten. Als wir aber gegen 10.30 Uhr in San Juan an Roy's Hostel vorbeikamen, sahen die Hütten dort so einladend aus, dass Thomas nach dem Preis fragte. Für 30 Soles (10 Euro) bekamen wir ein Hüttchen mit Bad und heißer! Dusche und einem Panoramafenster mit Blick auf die Schlucht. Wie kann man da nein sagen? Nichtsdestotrotz brachen wir noch nach Tapay auf und bewältigten die 700m in etwa anderthalb Stunden. Ein sehr verschlafenes Nestlein mit schönem Platz vor der Kirche. Wir waren froh unten eingecheckt zu haben mussten allerdings also auch wieder runter. Meine Oberschenkel (Julia) beklagten sich nach dieser Wanderung sehr. Abends gab es ein Candlelight Dinner, nein nein nicht aus romantischen Gründen, da gibt es noch keinen Strom. In der Nacht ließen wir die Vorhänge auf um bei Morgendämmerung schon gleich die Aussicht genießen zu können.
Frischgestärkt durch ein Pancake-Frühstück legten wir die recht kurze Strecke (3,5 Stunden) durch zwei Dörfer mit ihrem Terassenanbau an ihren vielen Bewässerungsgräben entlang in die Schlucht zur sog. Oasis zurück. Ich haderte zwar mal wieder mit dem losen Geröll und meinen schmerzenden Beinen auf dem schmalen, steilen Weg bergab. Aber auf den Rücken eines schlitternden Mulis so wie das japanische Pärchen aus einer Tourgruppe, die wir überholten, hätte mich auch niemand bekommen. Unten checkten wir in eines der Hostels ein, die sich alle Paradies-irgendwas nennen, einen Pool haben und dieses Örtchen ausmachen, reine Tourilokalität. Wir waren früh genug dran um bei herrlichem Sonnenschein im Pool baden zu gehen und uns zu sonnen. Auch hier gabs abends ein Essen bei Kerzenschein, aber längst nicht so lauschig wie am Abend zuvor, da im Laufe des Nachmittags noch diverse Touren und andere Individualreisende angekommen waren. Massentourismus. Beim Abendessen fragte sich jeder, wann man wohl am nächsten Morgen am besten aufbrechen sollte um die 1200m Aufstieg zu bewältigen.
Um sechs Uhr gings für uns nach einem Keksfrühstück los und soooo schlimm wars dann auch wieder nicht. Natürlich zog es sich und außerdem musste man immer wieder ein sicheres Plätzchen suchen, um die Bescheißer auf ihren Mulis vorbeizulassen. Auch die müden Muskeln waren nicht begeistert die z.T hohen Stufen zu erklimmen. Aber Thomas genoss schon nach 2 Stunden den Gipfelblick und musste „nur“ eine halbe Stunde auf mich warten. Alles in Allem eine fantastische Trekkingtour mit sagenhaften Panoramen. Sehr zu empfehlen!
Wir gönnten uns noch einen Ruhetag in Cabanaconde mit Alpacafilets zum Abendessen bevors mit dem öffentlichen Bus in sechs Stunden nach Arequipa zurück ging und dann mit dem Nachtbus nach Cuzco.