Zwei Sachen waren unübersehbar in der Stadt: Einmal die riesigen Plakate für die Bewerbung zur Ausrichtung der panamerikanischen Spiele 2019 (wir sind gespannt) und andererseits die übergroßen Poster von Chavez wie er ein Schwert küsst. Von Maduro sieht man zwar noch Wahlplakate hier und dort hängen, aber Chavez scheint überall noch vergöttert zu werden (zumindest von offizieller Seite!).
Ansonsten auch hier in der Innenstadt ein Laden am anderen. Vor dem Supermarkt beobachteten wir eine lange Schlange und der Eingangsbereich war mit einem Seil abgesperrt. Als Thomas eine Stunde später nochmal vorbeiging, um Kekse als Reiseverpflegung zu kaufen war die Lage unverändert: Die Leute standen für Mehl an, durften nur in Gruppen von ca 20 rein und dann durfte jeder nur 4 Packungen kaufen. Als Thomas vorgelassen wurde verstummte das Gemurre schnell, als beschwichtigend gerufen wurde er wolle nur „ Galletas“ kaufen. Und dann war das Mehl aus und die Schlange draußen noch riesig. Die bekannte Klopapier-Knappheit bekamen wir bisher nur in Ciudad Bolivar zu spüren, als es im Hostel nur das raue Ersatzpapier gab.
Am Flughafen mussten wir am nächsten Morgen doch unser Taschenmesser im Reisebüro von Geckotours lassen, weils nicht ins Gepaeck durfte, der Skanner versagte aber gottseidank seine Dienste, so dass wir eine kleine Plastikflasche mit Rum schmuggeln konnten. Zu viert wurden wir in die Cessna gesetzt und los ging's überraschenderweise ohne großes Gerüttel oder Absacken nach Canaíma. Beim Landeanflug bekommt man die Lagune und die fünf Wasserfälle, die sie speisen, gleich gut zu sehen. Und....Menschenmassen! Es war nicht nur ein Wochenende im August sondern auch das alle 10 Jahre in Canaíma stattfindende Sport-Treffen der Indigena-Kommunen aus ganz Venezuela. Und wir hatten eine Nacht extra gebucht und wollten uns selber eine Unterkunft suchen, na prost!
Wegen der vielen Besucher wurde unser Programm etwas abgeändert und wir durften gleich mit dem Boot zu dem höchsten Wasserfall der Welt aufbrechen. An den in der Regenzeit wohl zu gefährlichen Stromschnellen von Mayuma mussten wir wieder aussteigen und etwa einen Kilometer zu Fuß laufen. Allerdings öffnete der Himmel jetzt seine Schleusen und es war eher ein Waten über den lehmigen Boden. Und dann zogen sich die 3 Stunden Bootsfahrt auf den harten Holzbänken noch ganz schön. Die Wolken gaben zwar irgendwann den beeindruckenden Blick auf das Tafelgebirge (Auyantepui) und diverse von ihnen strömende Wasserfälle frei, aber irgendwann war uns kalt und beim Durchqueren weiterer Stromschnellen auf dem letzten Drittel der Fahrt schwappten immer wieder ordentliche Wellen über uns.
Als wir das Lager endlich erreichten, wärmten wir uns zusammen mit den beiden Chicas aus Slowenien erstmal mit einem Kaffee mit (Rum)-Schuss auf. Die Tourgruppe mit 16 Franzosen, mit denen wir das gleiche Programm absolvierten, zählten wir nicht zu unserer Gruppe.
Und dann zeigte sich am Abend der Angelfall ohne Wolken vom Aussichtspunkt gleich beim Lager, dass er aber fast 1km hoch ist war nur schwer zu erfassen. Das Hängemattenlager teilten wir uns mit unglaublichen 70 Leuten auf etwa 20 qm und nicht nur wir murrten über unsere Spaghetti bolognese, nachdem wir die venezuelanische Gruppe das Grillhuhn hatten verspeisen sehn. Das bekamen wir aber mittags drauf! Um neun/halbzehn Uhr war Zapfenstreich, an den sich die diversen Schnarcher aber nicht hielten.
Die Venezuelaner hatten zum Frühstück wieder die erste Schicht, weshalb sie ab viertel nach fünf ohne Rücksicht lärmten. Unsereiner hätte gern noch etwas länger geschlafen, denn unser reichhaltiges Frühstück stand erst um 7 Uhr an. Grrr! Frisch gestärkt durften wir uns auf den Weg zum Aussichtspunkt am Fuße des Wasserfalls machen. Mit dem Weg durch den Dschungel, der von vielen Wurzeln und schlüpfrigen Steinen durchzogen wird und auf der zweiten Hälfte recht steil bergauf geht, taten sich einige schwer, wir schienen uns in der Hitze recht gut akklimatisiert zu haben. Wir hatten genug Zeit auf das kurze Aufziehen der Wolken zu warten, bis der Wasserfall fast ganz zu sehen war und konnten uns anschließend noch am Fuß der abschließenden Kaskade baden. Nach dem Grillhuhn standen wieder die 4 Stunden Bootfahrt an, diesmal regnete es beim Spaziergang an den Stromschnellen nicht, dafür fielen die Puripuris über uns her. Ich glaube, hier werden alle Besucher des Angelfalls mit roten Beulen an den Waden und Knöcheln gezeichnet, da hilft wie gesagt auch kein Spray.
Für den nächsten Morgen stand der Besuch des Sapo Wasserfalls an, gleich hinter der Lagune von Canaima. Hier kann man hinter dem Wasserfall bis zur anderen Seite rüber laufen, in der Mitte wird man ordentlich geduscht, ein Riesen-Spaß und Nervenkitzel, man braeuchte nur ne wasserfeste Kamera fuer mittendrin. Es war nicht möglich unseren Rückflug einen Tag nach vorne zu verlegen, aber wir hatten Glück und fanden ein bezahlbares, nettes Zimmer in der Weytepuy Logde. Wir sonnten uns noch ein wenig an der Lagune und besuchten am nächsten Morgen in sengender Hitze die Eröffnung der Indigenas-Spiele bevor wir wieder mit der Cessna nach Ciudad Bolivar zurückkehrten und endlich, endlich in der gemütlichen Posada Don Carlos mal wieder Wäsche waschen lassen konnten!