Durch die Tour am Amazonas etwas ernüchtert, weil doch recht wenig Tiere sich blicken ließen, erhofften wir uns von der Fahrt in die überfluteten Ebenen im Südwesten von Venezuela (Apure) etwas mehr ohne allzu hohe Erwartungen zu haben und... wurden nicht enttäuscht. Unser sehr netter Fahrer und Guide Tillo von Gravity Tours in Mérida holte uns vom Busbahnhof in Barinas ab, von wo aus es zusammen mit einem weiteren Thomas (Lehrer) aus Stuttgart nach stundenlanger Fahrt in die baumarme Landschaft ging, deren unendliche grüne Weite am Horizont kein Ende zu nehmen schien. Angenehme Abwechslung von der nervenden Fahrt über die unzähligen Geschwindigkeitsbegrenzungs-Hubbel, an denen jeweils Leute stehen und irgendetwas verkaufen wollen, bot das Mittagessen mit der dortigen Spezialität „Carne en Vera“ - Fleisch vom Spieß über'm Holzfeuer geröstet. Köstlich, wenn auch etwas zu durch gebraten.
Gleich bei der weiteren Anreise auf der Meteoritenkrater-gespickten Straße (wie Tillo die riesigen Schlaglöcher nannte) zum Camp mitten im Nix trafen wir auf unsere erste Baby-Anaconda, am Tag drauf zog Ramon ein immerhin drei Meter langes Exemplar für uns aus dem Sumpf, eine Begegnung mit einer ganz Großen blieb uns verwehrt. Leider. Beim Bootsausflug zog uns jemand anders eine hässliche Mata-Mata (Fransenschildkröte) aus dem Fluss, auf dem Dach vom Jeep pflügten wir durch Wasserschwein-Familien (Capybaras) und Zebu-Rinderherden und rannten zu Fuß dem aufgescheuchten Ameisenbär entgegen, den Tillo und Ramon auf uns zu getrieben hatten. Die Piranhas haben wir diesmal mit der Angel gef...üttert, statt sie zu fischen, dank Ramon gab's trotzdem noch ein lecker Fisch-Abendessen für uns. Zum Ausgleich kam Ramon dafür beim Pferde-Ausritt beim Anblick der ungeübten deutschen Reiter wahrscheinlich voll auf seine Kosten. Um kurz aufzuschließen für die hämische Frage, ob ich denn vorhätte, vom Pferd abzusteigen und es zu schieben, wie ich es mit schmerzverzerrtem Gesicht bei der Fahrradtour bei Pucon in Chile angedroht hatte, trieb Thomas sein sonst eher zurückhängendes Pferd Caramello in den Trab.
Die Sitzknochen spürten wir alle am nächsten Tag noch beim Rafting im Rio Acequias am Fuß der Anden bei Barinas, wo wir nach professioneller Einweisung viel Spaß hatten. Auf der Rückfahrt ging's über einen 3600m hohen Pass Richtung Mérida, wo wir mitten in der urigen Vegetationsform des Paramo an der Lagune de Mugubaji in die Kälte aussteigen durften. Die Berggipfel blieben aber in den Wolken verborgen, auch von Mérida aus waren sie nur selten zu sehen. Die Seilbahn zum Pico Espejo, von dem man einen Blick auf den höchsten Berg von Venezuela, den Pico Bolivar, haben soll, wird leider schon seit Jahren erneuert und wir sind gespannt darauf, wann sie tatsächlich wieder eröffnet wird. Da sind die unterschiedlichsten Prognosen zu hören, wir haben einen Zeitungsartikel von 2011 gesehen, der von einer baldigen Eröffnung sprach, ha ha.
Für uns ist Mérida auf seinen 1600m trotz seiner umliegenden putzigen, kleinen Bergdörfchen wie z.B. Jaji (s.o.) zu alpenähnlich, um zu entzücken, aber Venezuelaner reisen begeistert in die Höhe und kaufen sich Mützen mit Merida-Schriftzug und passenden Handschuhen (sooooo kalt ist's nun auch wieder nicht!). Wir genossen in der Studentenstadt eher die süßen Stückle in Konditoreien, leckere Eiscreme und Kneipen mit Musik und billigem Regional Pilsen (sonst gibt’s eher nur Restaurants). Außerdem konnten wir einige dringend benötigten Ersatzklamotten und Sonnencreme günstig einkaufen. Ach, und wir wurden Zeitzeugen des fast landesweiten etwa 4 stündigen Stromausfalls, der es sogar in die internationalen Medien schaffte und natüüürlich durch einen Sabotageakt der Opposition verursacht wurde (nicht wahr, Señor Maduro?) und nicht etwa an dem fürs Angebot zu hohen Bedarf in diesem maroden Staat liegt.Für die Rückreise an die Küste hieß es dann erstmal wir müssten für eine Busfahrkarte morgens um 4 Uhr vor dem Busbahnhof anstehen -Verkauf nur am gleichen Tag- oder erstmal wieder nach Barinas fahren. Als wir dann am nächsten Mittag letzteres vorhatten, gab es doch noch Fahrkarten für einen Nachtbus nach Maracay. So ist es halt, das Reisen im Sozialismus.